Ludwig Schmitthenner (1858 - 1932)

Prälat und Seelsorger der großherzoglichen Familie

 

LKA KA, 154., Nr. 529/3 30.09.1928

 

Der in Neckarbischofsheim geborene Schmitthenner war Glied einer altbadischen „Pfarrerdynastie“ mit zahlreichen Pfarrern seit dem 18, Jahrhundert. Nicht nur sein Vater, sondern auch seine zwei älteren Brüder waren Pfarrer (von denen Adolf Schmitthenner als ein bekannter Schriftsteller große Aufmerksamkeit genoss).

Ungedruckte Quellen wie Korrespondenzen und Tagebücher sowie weitere Nachlässe befinden sich im Generallandesarchiv und im Landeskirchlichen Archiv Karlsruhe. – Monographie: Micha Willunat, Kirchenleitung und Seelsorge. Ludwig Schmitthenners Wirken als Pfarrer, großherzoglicher Seelsorger und Prälat der badischen Landeskirche (1892–1923), Stuttgart 2019, 308 S. (Diss. Tübingen 2017) (VbKRG 10); Buchbespechung von G.S. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins / ZGO, 167 (2019), S. 518‒521.
G.S., Art. Ludwig Schmitthenner in: BBKL; in Vorber.

Von 1889 an war Schmitthenner zwanzig Jahre lang Pfarrer in Freiburg, erst Divisions-, seit 1892 Gemeindepfarrer an der Christus-kirche in Freiburg. Von 1909 bis 1924 war er Prälat, bis 1914 gleichzeitig mit dem Oberkirchenratspräsidenten und ehemaligen Prä-laten Albert Helbing.

 

Der erste badische Prälat überhaupt war seit 1819 Johann Peter Hebel. Bis zum Ende des landesherrlichen Kirchenregiments des Großherzogs 1919 vertrat der Prälat die evangelischen Untertanen im Großherzogtum als deren Repräsentant in der I. Kammer der Ständeversammlung und zugleich den Monarchen als summus episcopus.

 

Der Prälat war immer neben der Kirchenregierung, also der Kirchenbehörde, meist Oberkirchenrat genannt, mit einem Präsidenten, oft einem Juristen, an seiner Spitze, und neben der General- bzw. später Landessynode, nur das dritte Organ der Kirchenleitung. Zu seinen Aufgaben gehörte die geistliche Betreuung der Pfarrer und Gemeinden, was die Lösung von Personalkonflikten einerseits, die Bereisung vieler Gemeinden andererseits bedeutete. Die neue Kirchenverfassung von 1919 spricht von „Überwachung des religiösen und sittlichen Zustandes der Landeskirche“. Zu den Personalangelegenheiten, mit denen sich Schmitthenner zu befassen hatte, gehörten die Anfänge der Religiösen Sozialisten und die Zulassung von Frauen zum kirchlichen Examen.

 

Schon früh wuchs Schmitthenner in die Stellung eines persönlichen Seelsorgers der großherzoglichen Familie hinein, insbesondere war er der Vertraute von Großherzogin Luise. Dies gleichzeitig mit dem eigentlich zuständigen Hofprediger Ernst Fischer, dem nicht nur die Hofgottesdienste in der Schlosskirche oblagen. Doch auch über das Ende der Monarchie 1919 hinaus und noch in seinem Ruhestand, bis zum Tod von Prinz Max von Baden 1929, dauerte die private seelsorgerliche Betreuung der großherzoglichen Familie durch Schmitthenner an, ab 1924 gleichzeitig mit dem Kirchenpräsidenten Klaus Wurth und dem Nachfolger im Prälatenamt Julius Kühlewein. Einen Hofprediger gab es nicht mehr. Schmitthenners unkritische, fast devote Haltung gegenüber der Fürstenfamilie in deren Privatleben im Exil stieß selbstverständlich auf Kritik von verschiedenen Seiten.

 

Im Ruhestand setzte Schmitthenner außerdem ehrenamtlich manche kirchliche Tätigkeit fort: so den Vorsitz im Landesverein für Innere Mission und im Karlsruher Diakonissenhaus, in der Landesbibelgesellschaft und im Verband für die Kindergottesdienstarbeit. Dies endete, als Schmitthenner 1930 einen ersten Schlaganfall erlitt. Er starb am 12. September 1932, nachdem er bis zuletzt mit seiner Frau in der Prälatenwohnung im Oberkirchenratsgebäude in der Karlsruher Blumenstraße hatte wohnen bleiben können. Er wurde von seinem Nachfolger im Prälatenamt Julius Kühlewein in Freiburg beigesetzt.

 

 

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