Straßburg

 

 

 

 

 

 

Strassburg

Orte der Reformation, Journal 32.

Strasbourg

Lieux de la Réforme, Journal 32.

 

Hrsg. Matthieu Arnold, Marc Lienhard.

Text- und Bildredaktion: Albert de Lange.

Evang. Verlagsanstalt Leipzig 2016, 80 S. 4°

ISBN 978-3-374-04418-4 – 9,90 €

 

Das Straßburg-Heft ist ein deutsch-französisches Journal, bisher das einzige dieser Art in der Reihe (das Heft Genf könnte auch ein solches werden); richtiger jedoch: ein französi- sches Journal, weil trotz des Umschlagtitels fast alle Texte französisch sind, nur wenige deutsch; es ist also kein zweisprachiges Heft mit gleichen parallelen Texten. (Für Witten- berg und Torgau gibt es jeweils eine eigene deutsche und eine englische Ausgabe, wohl um den Tourismus zu fördern.) Der erste, deutsche Buchtitel bei einer einseitigen, fast gänzlichen Französischsprachigkeit des Inhalts – Grund dafür mag die Vielfalt des Gebote- nen bei einem vorgegebenen begrenzten Heftumfang sein – wird einen potentiellen Käufer in Deutschland täuschen, zumal die Reihe mit inzwischen mehr als 35 Heften fast nur Orte der deutschsprachigen Reformation vorstellt. – Der erste Herausgeber ist, der andere war Kirchenhistoriker an der Theologischen Fakultät in Straßburg.

Reformationsgeschichtlich wird mit der freien Reichsstadt Straßburg allgemein das Wirken von Martin Bucer (1491-1551) in Verbindung gebracht, der hier 1524 reformatorischer Pre- diger an der Kirche St. Aurelien wurde. Für die lutherische Reformation wurde er 1518 als Zuhörer bei der Heidelberger Disputation Luthers gewonnen. Bucer gilt, nach den Witten-berger Reformatoren Luther und Melanchthon, den Schweizer Reformatoren Calvin und Zwingli, und neben Johannes Brenz in Württemberg, als Hauptreformator Deutschlands, welchen besonders auszeichnet, dass er sich schon früh für den Ausgleich zwischen den beiden Hauptströmungen der Reformation eingesetzt hat. Diese unionistische Tradition ist in unserer Zeit wiederbelebt worden in der Union des Églises protestantes d’Alsace et des Lorraine.

Dennoch wurden überraschenderweise Bucer im Heft nur zwei Seiten gewidmet. Stattdes- sen werden zahlreiche Personen benannt, die in irgendeiner, manchmal nur zeitweiliger Beziehung zu Straßburg standen: vom vorreformatorischen Geiler von Kaysersberg bis zu Albert Schweitzer im 20. Jahrhundert; aus dem 16. Jahrhundert v. a. die beiden (nicht verwandten) Nichttheologen Jakob und Johannes Sturm und der 1538-1541 aus Genf ausgewiesene, in der Stadt weilende Calvin (nicht jedoch Wolfgang Capito und Kaspar Hedio); vier Frauen, von denen die Schriftstellerin und Pfarrfrau Katharina Zell die bekann- teste ist; drei Vertreter des radikalen Flügels der Reformation, als bekanntester der Spiritu- alist Kaspar Schwenckfeld; im 17. Jahrhundert Philipp Jakob Spener; (nach einer 1681 einsetzenden allmählichen Rekatholisierung) im 18. und 19. Jahrhundert Johann Friedrich Oberlin und Franz Härter.

Wiederholt wird deutlich, dass Straßburg einer der Hauptdruckorte der Reformation war; so erschienen hier auch die sogenannte Confessio Tetrapolitana 1531 und die zweite, nämlich lateinische Ausgabe von Calvins Hauptschrift Institutio christianae religionis 1539. Nur vom Humanismus im Elsass und von der Universität Straßburg liest man seltsamerweise kaum etwas. – Die zahlreichen Kirchen Straßburgs kommen alle ausführlich zur Darstellung, unter ihnen an erster Stelle das weltberühmte katholische Straßburger Münster und die evangelische Hauptkirche St. Thomas. Hier, aber nicht nur hier, sind die Bildredaktion von Albert de Lange und das professionelle Layout entscheidend für die Qualität des Hefts.

Mit Anzeigen werden zwei in gewisser Weise verwandte Bücher beworben: der 2015 erschienene französische Sammelband „Franchir les frontières - Histoire des Églises dans l’espace des Rhin supérier“, für den Marc Lienhard verantwortlich war (zusammen mit der deutschen Erstausgabe „Kirchengeschichte am Oberrhein - ökumenisch und grenzüber-schreitend“, die 2013 erschien), und der Sammelband „Europa reformata“ von 2016, für den Matthieu Arnold in prägnanter Kürze den Beitrag über Straßburg verfasst hat, konzen-triert auf die beiden Gestalten Martin Bucer und Katharina Zell.

Entsprechend den Vorgaben der Reihe werden auch der Gastronomie Straßburgs zwei Seiten eingeräumt. Außerdem findet man die Ökumene und die Vielfalt der Religionen in Straßburg, hier der Juden und des Islam, auf den letzten Seiten der Broschüre dargestellt. Insgesamt sei jedoch die Frage erlaubt, ob die Vielfalt des Berücksichtigten nicht zu groß geraten ist, ob nicht non multa, sed multum angemessener gewesen wäre.

G.S.

Der Prediger tritt hinter seiner Botschaft zurück, seine nach

oben weisende Hand verbirgt

sein Gesicht.

 

G.S. als Pastor auf der Kanzel der

St.-Florians-Kirche aus dem

13. Jahrhundert in Sillenstede (Nordoldenburg), ca. 1965

Der Vortragende hat seine Zuhörer im Blick

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© Gerhard Schwinge