Fritz Voges (1896 ‒ 1967)

erst DC-Pfarrer, dann Oberkirchenrat

 

In Mannheim geboren, nahm Voges als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil und wurde mehrfach ausgezeichnet. Von 1920 bis 1923 studierte er Theologie in Heidelberg, Tübingen und Göttingen, 1924 bis 1929 wurden ihm verschie-dene Pfarrdienste übertragen. 1929 wurde er Pfarrer in Eggenstein (KBez. Karlsruhe-Land). ‒ Bereits 1931 trat V. aus »ehrlichem Idealismus«, wie in der Folgezeit andere auch, in die NSDAP ein, wurde 1932 Bezirksleiter des NS-Pfarrerbunds in Karlsruhe-Land und Landespropagandaleiter der Ev. Nationalsozialisten und bald darauf Leiter der Glaubensbewegung Deutsche Christen (DC) in Baden, einschließlich der Teilnahme an deren Reichsleitung. ‒ 1933 wurde V. durch die DC als Pfarrer wegen deren nationalsozialistischer Prägung in die Gemeinde der Karlsruher Christuskirche geschickt.

Gleichzeitig wurde Voges Fraktionsführer der DC in der bad. Landessynode und kurz darauf von dieser zum Oberkir-chenrat ernannt (zuständig für Schulwesen und Religionsunterricht). Als Führer der DC aber war er bei deren Radi-kalen auch umstritten.

Ende August 1934 zur kommissarischen Dienstleistung in der Kirchenkanzlei der Deutschen Evang. Kirche (DEK, »Reichskirche«) nach Berlin abgeordnet, erlebte V., wie er selbst sagte, angesichts der dort herrschenden Kirchen-politik sein „Damaskus“ und kehrte desillusioniert nach nur zwei Monaten Ende Oktober auf eigenen Wunsch wieder nach Karlsruhe zurück, sich fortan scharf von den DC distanzierend. Die DC-Landesleitung unter Heinrich Sauerhö-fer schloss V. daraufhin aus der Glaubensbewegung DC aus. ‒ Nicht zuletzt durch seinen Einfluss wurde die erst im Juli 1934 erfolgte Eingliederung der bad. Landeskirche in die Reichskirche durch einen Beschluss zur Wiederaus-gliederung vom 14. Dezember rückgängig gemacht. („Der Widerruf der Eingliederung war nur durch den radikalen Sinneswandel von OKR Voges möglich.“ H. Rückleben i) ‒ Die folgenden zehn Jahre bis zum Ende des »Dritten Reichs« konnte V. als Oberkirchenrat überstehen. Von einer Kriegsdienstpflicht konnte er freigestellt werden.

1945 auf Anordnung der Militärregierung der Siegermächte aus dem Kirchendienst entlassen, gelang es 1947/48, nach der Einstufung in der Entnazifizierung als „Mitläufer“, ihn wieder als Pfarrer einzustellen. Von 1948 bis 1958 war V. Pfarrer der Mannheimer Jungbusch-Pfarrei, einer Arbeitergemeinde. Für diese Gemeinde konnte 1953 eine eigene Kirche gebaut und eingeweiht werden, die „Hafenkirche von der Barmherzigkeit Gottes“. 1958 übernahm V. die Leitung des Evang. Gemeindedienstes Mannheim, die er bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 1963 innehatte.

Sehr früh von der Aufbruchsstimmung der Nationalsozialisten mitgerissen, wurden V. also nach wenigen Jahren die Augen geöffnet.

 

Quellen: LKA Karlsruhe: PA 4878‒4881 u. NL 150.063;

Literatur (zuletzt): Gerhard Schwinge, Art. F. V. in: BBKL, Bd. XXXIX (2018), Sp. 1504‒1508 (mit umfangreichen Quellen- u. Literaturangaben).

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