Wilhelm Karl (1864 - 1938)

Pfarrer und konservativer Landespolitiker

 

 

Wilhelm Karl war, nach verschiedenen voraufgehenden Dienstorten, von 1906 an Pfarrer am Diakonissenhaus in Freiburg, bis er schon 1909 wegen seiner politischen Aktivität diese Stelle verlassen musste, um zunächst die Pfarrstelle in Tauberbischofsheim zu übernehmen, von 1920 an biszum Ruhestand 1928 dann die in Bötzingen am Kaiserstuhl.

 

Zu Karl vgl. Ludger Syré in: Protestantismus und Politik. Zum polit. Handeln evang. Männer und Frauen für Baden zwischen 1819 und 1933. Eine Ausstellung der Bad. Landesbibliothek in Zus.arb. mit der Evang. Landeskirche in Baden/Landeskirchliche Bibliothek, dem Generallandesarchiv Karlsruhe u. dem Stadtarchiv Karlsruhe, aus Anlaß des Kirchenjubiläums 1996: 175 Jahre Evang. Landeskirche in baden. Aufsatz- und Katalogband. Karlsruhe 1996, S. 200‒212 – Ders. in: Badische Biographien NF, Bd. 5.2005, S. 139‒141 – Gerhard Schwinge: Art. Wilhelm Karl in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon Bd.XL (= Erg.Bd. XXVII), 2019, Sp. 585 - 590.

 

1908 hatte Karl durch seine anonym im Vorfeld des Landtagswahlkampfs veröffentlichte Flugschrift „Bekenntnisse eines kirchlich-liberalen und bisher nationalliberalen Pfarrers“ mit dem Titel „Unsere zukünftige Politik“,deren Autor alsbald bekannt wurde, Auf-merksamkeit erregt. Karl hatte wie die Mehrzahl in der Pfarrerschaft erwartet, dass die Nationalliberalen eine evangelische Kirchen- und Kulturpolitik vertreten würden, als Gegengewicht zum katholischen Zentrum, der stärksten Partei. Doch wurden er und andere mit ihm enttäuscht, erst recht durch die Politik des sogenannten Großblocks aus Nationalliberalen, Demokraten und Sozialdemokraten, unter denen die Radikalen (Karl nennt sie „radikale Juden und Heiden“) eine weitgehende Trennung von Kirche und Staat befürwor-teten.

 

Dagegen wandte sich Karl und versuchte, eine Evangelische Volkspartei zu gründen. Doch er und seine Bewegung, der „Karlismus“, scheiterten. 1909 musste er nicht nur wegen seines politischen Engagements sein Vorsteheramt bei der Freiburger Diakonissen-anstalt aufgeben. Auch unterlag er bei der Landtagswahl 1909 als Kandidat der Konservativen im Wahlbezirk Schwetzingen, seiner Heimatstadt. 1913 unterlag Karl erneut als Landtagskandidat, diesmal einem sozialdemokratischen Mitbewerber.

 

Karl war also bereits seit über zehn Jahren politisch engagiert gewesen, als er 1919 im weit entfernten Wahlkreis IV (Mannheim) für die neu gegründete, evangelisch-nationale DNVP (Deutsch-Nationale Volkspartei, Untertitel: Christliche Volkspartei) in die badische Nationalversammlung und damit anschließend in den Landtag gewählt wurde. Dort kämpfte er gegen eine zu weitgehende Trennung der Kirche vom Staat, interessenverwandt mit den katholischen Konservativen des Zentrums und in Auseinandersetzung mit den Linken, den Sozialdemokraten.Nach den Landtagsprotokollen der Jahre 1919‒1920 beteiligte sich Karl mit zahlreichen Redebeiträ-gen zu den verschiedensten Themen der Parlamentsdebatten: nicht nur zu solchen wie beispielsweise die Kartoffelversorgung in der Notzeit der Inflation oder die Hochwasserschädigungen in 1919, sondern auch zur Badischen Verfassung von 1919, zur Änderung des Orts- und des Landeskirchensteuer-Gesetzes von 1906, zur Rückgabe oder Entschädigung der Kirchengemeinden für die im Krieg zwangsweise abgelieferten Glocken.

 

 

 

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