Luthers Heidelberger Disputation 1518

 

III. Die Nachwirkung

 

 

Martin Luther, der 34 Jahre alte Mönch und Distriktvikar der Augustinereremiten aus Wittenberg, Professor für Bibelwissenschaft an der dortigen Universität, ein halbes Jahr zuvor bekannt geworden durch seine Thesen und seine Schrift gegen den Ablasshandel, hatte in Heidelberg am 25. Und 26. April 1518 für seine Disputationsthesen ein großes Auditorium:

 

Die Professoren der Universität waren wenig beeindruckt von dem Wittenberger Mönch. „Peregrina illis videbatur Theologia [mea]“ (ihnen erschien meine Theologie als befremdlich), schrieb Luther selbst in einem Brief vom 18. Mai an den kursächsischen Hofkaplan und Hofbeamten Georg Spalatin. Sonst aber zeigte Luther sich sehr zufrieden mit dem Verlauf der Disputation.     

Auch die Augustinereremiten, also Luthers Ordensbrüder unter den Zuhörern waren nicht besonders berührt von Luthers Auftreten.

                     

Luther als Mönch 1520

Kupferstich von Lucas Cranach d. Ä.

Ganz anders war es bei den jungen Magistern und Studenten unter den Zuhörern. Elf von ihnen, die zu seinen Anhängern wurden und in den 1520er und 1530er Jahren als Reformatoren im südwestlichen Deutschland wirkten, sind namentlich bekannt. Nur die drei Bekanntesten von ihnen sollen hier genannt werden:

 

 

Martin Bucer (1491‒1561) aus dem elsässischen Schlettstadt, war 1518 Dominikanerpriester in Heidelberg, schied aber, tief beeindruckt von Luthers Theologie, aus dem Orden aus und wirkte dreißig Jahre lang als Reformator in Straßburg und von dort aus außerdem in mehreren deutschen Städten.

In einem Brief vom 1. Mai an den Humanisten Beatus Rhenanus berichtete er, dass er sich noch in einem persönlichen Gespräch von Luther in seiner Lehre unterweisen ließ.

 

 

Johannes Brenz (1499‒1570), Student der Artes liberales aus Württemberg, studierte nach 1518 in Heidelberg Theologie und wirkte dann vor allem als Reformator von Schwäbisch Hall aus und an der Reform der Tübinger Universität.

Bekannt wurde Brenz durch eine weitverbreitete Bekenntnisschrift von 1552, die Confessio Virtembergica.

 

 

 

 

 

 

Franciscus Irenicus (1495– 1553 [Jahresangaben unsicher]) aus Ettlingen, war 1518 Magister in Heidelberg, stand ab 1519 als Hofprediger im Dienst des Markgrafen Philipp I. von Baden(-Baden) und wirkte und predigte im Sinne Luthers. Von dem wieder katholisch gewordenen Markgrafen ent-lassen, war er ab 1531 Pfarrer und Rektor der Lateinschule im badischen Gemmingen (bei Eppingen).

Schon in jungem Alter schuf er als Historiker ein 1518 erschienenes zwölfbändiges, allerdings kritisch aufgenommenes Werk zur Geschichte Deutschlands, die Germaniae exegesis.

                                   

 

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Was auf Luthers Heidelberger Disputation folgte:

 

1518      

Verhör durch den päpstlichen Legaten Kardinal Cajetan im Auftrag des Papstes im Oktober 1518 am Ende des Reichstags in Augs-burg, weil Luther wegen seiner Kritik am Ablasshandel der Ketzerei beschuldigt wurde und zum Widerruf gebracht werden sollte.

 

1519      

Die Leipziger Disputation im Juni / Juli 1519 mit dem katholischen Theologen Johannes Eck aus Ingolstadt über die Unfehlbarkeit des Papstes und andere Streitpunkte. Luther wurde dabei von seinen Wittenberger Kollegen Andreas Karlstadt und Philipp Melanchthon unterstützt.

 

1520      

Luthers drei reformatorische, für die Öffentlichkeit bestimmte Hauptschriften von 1520:

 

An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung (Luther wendet sich an die weltliche Obrigkeit mit der Bitte um Hilfe bei der Beseitigung von Missständen in Kirche und Gesellschaft.)

 

 

 

De captivitate Babylonica ecclesiae (Von der Babylonischen Gefangenschaft der Kirche, Luther wendet sich gegen die römische Sakramentslehre der sieben Sakramente und lässt nur Taufe und Abendmahl und eingeschränkt die Buße als Sakramente gelten.) (zuerst auf Lateinisch erschienen, dann auch auf Deutsch)

 

Von der Freiheit eines Christenmenschen („Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“ Entgegnung auf die päpstliche Bannandrohungsbulle.) (zuerst auf Deutsch erschienen, dann auch auf Lateinisch)

 

 

 

 

1521      

Luther auf dem Reichstag zu Worms im April 1521. Zusicherung des freien Geleits, obwohl über Luther inzwischen der Kirchenbann verhängt worden war. Luther widerruft vor dem Kaiser seine Lehre nicht. Darauf wird die Reichsacht über Luther verhängt.

 

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Eine vielseitige Einführung in das geschichtliche Ereignis der Heidelberger Disputation und seine unmittelbare Nachwirkung, mit Abbildungen und Landkarte, bietet Regina Baar-Cantoni: Martin Luthers Disputation in Heidelberg und ihre Breitenwirkung, in: Wissenschaftsatlas der Universität Heidelberg, Knittlingen 2011, S. 56‒57; erweitert dies.: Martin Luther in Heidelberg. Wie sein persönliches Auftreten 1518 die Reformation im südwestdeutschen Raum prägte. In: Momente. Beiträge zur Landeskunde von Baden-Württemberg, hrsg. vom Staatsanzeiger Baden-Württemberg, Heft 3/2017, S. 4‒8, Abb., Karte; dazu ein Quellen- und Literaturverzeichnis online über: www.staatsanzeiger.de/momente.

 

Am 21. April 2018 veranstalteten der Verein für Kirchengeschichte in der Evangelische Landeskirche in Baden und die Europäische Melanchthon-Akademie Bretten in Bretten einen Studientag mit dem Thema: Luthers Heidelberger Disputation als Initial der südwestdeutschen Reformen.

 

Am 26. April 2018 veranstaltete die Theologische Fakultät der Universität Heidelberg in Verbindung mit der Evangelischen Landeskirche in Baden in der Aula der Alten Universität Heidelberg einen Akademischen Festakt aus Anlass des 500-jährigen Jubiläums der Heidelberger Disputation.

                                                                                                                                                              

 

 

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