Hannelis Schulte (1920 – 2016)

 

Aktivistin für Frieden und Gerechtigkeit,

eigentlich Theologin in Universität, Schule und Kirche

 

Univ.-Archiv Heidelberg (Foto: Winni Kitzmann; 3ALOG e.V.)

PD Dr. Johanna Elisabeth Schulte ist in Heidelberg geboren und gestorben und hat die längste Zeit ihres Lebens dort gelebt, unterbrochen durch die die Jahre 1931 bis 1937. Als Heranwachsende war sie mit ihren Eltern damals dorthin ausgewichen, in Armut und Unsicherheit während Weltwirtschaftskrise und Nazi-Regime. Sie hat die Zeit später aus-führlich geschildert. Ihr Vater, ein Jurist, war bereits 1925 nach langer Krankheit gestorben. Ihre Mutter war Lehrerin. In den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs wurde sie durch den Heidelberger Bekenntnispfarrer Herrmann Maas für das Theologiestudium gewonnen. Das schloss nicht aus, dass Hannelis Schulte später als Kandidatin der Partei Die Linke in den Heidelberger Stadtrat gewählt wurde, längst als Aktivistin für Frieden und Gerechtigkeit in der Frie-densbewegung engagiert, geprägt von den biblischen, besonders alttestamentlichen Gerechtigkeits- und Befreiungs-traditionen.

Veröffentlichungen (nur selbständig erschienene): Der Begriff der Offenbarung im Neuen Testament, München 1949, 95 S. (Beiträge zur evangelischen Theologie, 13), Diss. Heidelberg 1947 ‒ Was Sprache verrät. Untersuchungen zur hebräischen Sprache des 9./8. Jh. v. Chr. in ihrem sozialen und religiösen Umfeld, 1982, 176 Bl., Hab.schrift Heidelberg 1982. ‒ Dennoch gingen sie aufrecht. Frauengestalten im Alten Testament. Neukirchen-Vluyn 1995, 160 S. ‒ Die Entstehung der Geschichtsschrei-bung im Alten Israel, Berlin 1972, X, 232 S. (Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft, 128). – Aus verdorbe-nem Fett haben wir Seife hergestellt: Die Theologin und Altstadträtin Dr. Hannelis Schulte berichtet über das Kriegsende in Heidelberg. In: Unsere Schicksalsjahre 1944/45. Ängste, Sorgen, Sehnsüchte. Zeitzeugen blicken zurück, Heidelberg 2014, S. 142‒143.

Literatur: 2009: Birgit Lallathin: Zeitzeugen 1945. Hannelore Hansch und Hannelis Schulte. In: Unterdrückung, Anpassung, Bekenntnis. Die evang. Kirche in Baden im Dritten Reich und in der Nachkriegszeit, hrsg. von U. Wennemuth, Karlsruhe 2009, S. 455‒464 - 2016: Universität Heidelberg (Text Gerd Theißen, ausführlichste gedruckte Würdigung, mit Bildnis und H. S.: Predigt über Amos 5,21-24 am Sonntag Estomihi, 26.02.2006 (siehe Link, Uni-Heidelberg.de) ‒ 2016: Eva Loos Text, Renate Wind Traueransprache (siehe Link, ekiba.de) ‒ 2016 W. E. Kitzmann:  Hannelis Schulte – ein echtes Gegenüber. Lebensbild einer demokratisch-sozialistischen Protestantin, Seminararbeit Heidelberg 2016 ‒ 2020: die Linke HD: 21.12.2020, zum 100. Geburtstag (siehe Link, dieLinke-hd.de) ‒ 2020: Wikipedia, zuletzt 2020, ohne Bildnis ‒ 2021: JbKRG 15.2021, S. 465-474 (Renate Wind) ‒ 2021: Udo Wennemuth: [4] Frauenbiographien in der Landeskirche. In. Bildatlas zur bad. Kirchengeschichte 1800 ‒ 2021, hrsg. von U. Wennemuth, Ubstadt-Weiher, Heidelberg 2021, S. 260‒261, Porträts.

Nach ihrem Studium, zunächst Geschichte, Latein und Griechisch, dann Theologie in Halle und Heidelberg, sowie nach dem auferlegten Reichsar-beitsdienst, alles noch während des Kriegs, und nach den beiden theologi-schen Examina 1945 und 1947 (1952 Vikarin, 1962 Pfarrerin) promovierte sie 1947 noch in diesen entbehrungsreichen Nachkriegsjahren, bei Martin Dibelius im Neuen Testament. 35 Jahre später (1982) folgte die Habilitation im Alten Testament bei Gustav Hölscher. Regelmäßig predigte sie im Uni-versitätsgottesdienst in der Heidelberger Peterskirche. Inzwischen jedoch war sie längst hauptamtlich als Religionslehrerin an Gymnasien im Staats-dienst gewesen (1950‒1981).

Wenn sie später schließlich Bitten aus der Landeskirche erreichten, hat sie sich auch diesen nicht entzogen, sei es für Predigtdienste und Gottesdiens-te, sei es als theologische Beraterin des Frauenwerks, sei es zur Aushilfe im Religionsunterricht.

Während all dieser Jahre und Jahrzehnte galt ihr Engagement der Politik, speziell der Friedensbewegung. 1952‒1957 war sie Mitglied der Gesamt-deutschen Volkspartei, danach Mitgründerin der Deutschen Friedens-Uni-on, ab 1990 Mitglied der Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS). 1999 bis 2004 war sie für die Partei Die Linke Mitglied des Heidelberger Stadtrats.

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© Gerhard Schwinge