Luther gedenken -
Luther in badischen Kirchenfenstern
Der 18. Februar 2021 ist Luthers 475. Todestag. Am 18, April 2021 jährt sich zum 500. Mal Luthers Auftritt auf dem Reichstag zu Worms vor Kaiser und Reich. auf dem er sich weigerte, seine Schriften zu widerrufen.
Luther und die anderen Hauptreformatoren in badischen Kirchenfenstern
In vielen badischen Kirchen gibt es Kirchenfenster mit Bildnissen Luthers und der anderen drei bekannten Reforma-toren: Luthers Anhänger Melanchthon und die Schweizer Reformierten Calvin und Zwingli. Die Kirchenfenster stammen weit überwiegend aus dem Deutschen Kaiserreich, genauer aus den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts. Der Bevölkerungszuwachs in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und die Entstehung zahlreicher neuer Kirchengemeinden hatte zur Kirchenbaublüte des Historismus geführt.
Auch drei Jubiläumsjahre hatten zu den Reformatorenfenstern Anlass gegeben: 1883 der 400. Geburtstag Martin Luthers, 1897 der 400. Geburtstag Philipp Melanchthons und 1909 der 400. Geburtstag Johannes Calvins. – Zu den Jubiläumen1897 und 1909 erschien hundert Jahre später folgende Literatur:
Gerhard Schwinge, Melanchthonbildnisse in badischen Kirchenfenstern der wilhelminischen Zeit im Rahmen der Bildprogramme des Reformationsgedenkens im 19. Jahrhundert, in: Erinnerung an Melanchthon. Beiträge zum Melanchthonjahr 1997 aus Baden, Karlsruhe 1998 (Veröffentlichungen des Vereins für Kirchengeschichte in der Evangelischen Landeskirche in Baden, Bd. 55), S. 87-102 mit 5 farb. Kirchenfenster-Abb.
Gerhard Schwinge, Melanchthon in Baden ‒ eine Dokumentation. Kirchen und Gemeinden ‒ Bildnisse: Glasfenster, Skulpturen, Gemälde ‒ außerhalb der Melanchthonstadt Bretten, in: ebd., S. 111-116, mit 12. farb. Kirchenfenster-Abb.
Gerhard Schwinge, Calvin-Fenster in badischen Kirchen. Eine Dokumentation anlässlich des 500. Geburtstags und des 445. Todestags von Johannes Calvin. In: Jahrbuch für badische Kirchen- u. Religionsgeschichte / JBKRG 3 (2009), S. 199-222 einschl. 8 S. mit 12 farb. Abb.
Direkte persönliche Beziehungen der Reformatoren zu Baden bzw. zu seinen Vorgängerterritorien gab es für die SchweizerCalvin und Zwingli nicht, wohl aber für die deutschen Lutheraner. Melanchthon lebte dagegen in den ersten 15 Lebensjahren 1497-1512 in der Kurpfalz: geboren in Bretten, als Schüler in Pforzheim und als Student in Heidelberg. Und Luther verteidigte als Mönch 1518 in Heidelberg auf einem Konvent seines Augustiner-Eremiten-Ordens in einer Disputation seine Theologie.
Die Schweizer Reformierten Calvin und Zwingli waren dagegen nie im deutschen Südwesten. Doch wurde die rechtsrheinische Kurpfalz frühzeitig calvinistisch Kurpfalz, was insbesondere der Heidelberger Katechismus 1563 bezeugt.
Von den verschiedenen Reformatoren der zweiten Reihe findet sich nur einmal Martin Bucer in einer Szene zusammen mit Luther und Zwingli.
Generell sind die Reformatoren seltener in Einzelmedaillons dargestellt – wie in Baden-Baden -, als in bildnerischer Komposition zu viert, zu dritt mit Melanchthon und Calvin, zu zweit, in der Reihenfolge der Häufigkeit mit Luther und Calvin, mit Luther und Melanchthon und sogar einmal (in Schriesheim) mit Luther und Zwingli.
Die Reformatoren werden meistens stereotyp dargestellt: Luther bartlos, im Professorentalar, ohne Barett, oft mit der Bibel in den Armen, zum Teil mit der rechten Hand in die aufgeschlagene Bibel weisend. Melanchthon mit spitzem Bart, einmal mit der Confessio Augustana in den Armen. Calvin mit langem Bart, oft mit Barett. Zwingli ohne Bart, immer mit Barett.
Hier eine Auswahl von badischen Kirchenfenstern
Schriesheim, Stadtkirche Kirchenfenster von 1899
Außergewöhnlich ist hier die Zusammenstellung von Luther und Zwingli; denn mehr als einander wahrge-nommen, verbindet sie kaum entsprechend sind die Darstellung von Melanchthon und Calvin nebenein-ander.
Heidelberg-Handschuhsheim,
Friedenskirche, 1910
Literatur:
Gerhard Schwinge, Die Handschuhsheimer Friedens-kirche von 1910 und ihre Kirchenfenster im Rahmen des zeit- und ortsnahen Kirchenbaus und der Glasmalerei des Historismus. In: Glasmalerei der Friedenskirche, hrsg. von der Friedensgemeinde Handschuhsheim, (Heidelberg) 2011, S. 38–54, 19 farb. Abb. 4.
Die Reformatoren-Kirchenfenster werden oft ergänzt durch Fenster von Vorreformatoren, von Fürsten der Reformation und zeitgenössischen Fürsten und von Wappen von Reformationsstädten.
Fast alle Fenster sind Widmungsfenster, d.h. sie wurden von – oft namentlich genannten ‒ Spendern finanziert.
Gemeinden und Kirchen wurden auch in der unierten Landeskirche immer wieder nach Reformatoren benannt.
Es gibt 14 Luther-Gemeinden: in Baden-Baden, Bretten, Bruchsal, Freiburg, Heidelberg, Hemsbach-Sulzbach, Karlsruhe, Kehl, Konstanz, Lahr, Mosbach, Neckarhausen, Schwetzingen, Singen;
und 6 Melanchthon Gemeinden: in Bretten, Freiburg, HD-Rohrbach, Karlsruhe, Lahr, Schwetzingen;
aber nur eine Johannes-Calvin-Gemeinde und die sogar erst seit 1977 so genannt wurde, in Mannheim-Friedrichsfeld.