Wusstest du schon dass ...

 Vikarinnen einmal anders waren als heute ?

 

 

Solange man denken kann, war die Kirche eine männliche Kirche. Schon Paulus schrieb an die Gemeinde in Korinth: Lasset eure Weiber schweigen in der Gemeinde (Kap. 14, V. 34).

Heute dagegen scheint der Pfarrerberuf in der evangelischen Kirche geradezu ein reiner Frauenberuf zu werden, wie der der Kindergärtnerin oder der der Grundschullehrerin. Bis hierhin war es ein langer Weg.

 

D a m a l s

 

Theologie studieren durften Frauen seit 1900. So manche nahm die Chance wahr zu promovieren – Maria Heinsius, Grete Gillet, Doris Faulhaber, Hannelis Schulte. 1916 durfte die erste badische Theologin vor dem Oberkirchenrat das Erste Examen ablegen, allerdings ohne danach in den landeskirchlichen Dienst übernommen zu werden. Daraufhin haben einzelne Gemeinden mit Theologinnen mit einem Privatvertrag eingestellt.

Bis 1962 hießen die Theologinnen nicht Pfarrerinnen, sondern Vikarinnen (lat. "Vertreterinnen"!)¸sie wurden meist in anderen Tätigkeitsfeldern als in der Gemeindearbeit eingesetzt (dort höchstens als „Gemeindehelferin“), so vor allem im Religionsunterricht (als Religionslehrerin, nur bei Mädchen!) oder in der Krankenhaus- oder der Gefängnisseelsorge oder in der Jugendarbeit,. Die Vikarinnen mussten unverheiratet bleiben. Erst 1967 durfte die erste badische Theologin selbständig eine Gemeinde übernehmen: Hilde Bitz (1929‒2017), eine der Letzten aus der alten Generation. Bis 1944, im Krieg mit dem besonderen Pfarrermangel, wurden die Vikarinnen nicht ordiniert, sondern eingesegnet ‒ zur Vertretung im Gemeindepfarramt. 1971 hieß es schließlich doch: „Pfarrer im Sinne der Grundordnung ist auch die Pfarrerin.“ Ab 1974 galt Im Gemeindepfarramt nun auch der Zölibatszwang für Theologinnen nicht mehr.

 

Badische Vikarinnen im Jahr 1960, in vorgerücktem Alter, selbstverständlich alle „zölibatär“, keine im Gemeindepfarramt.

vordere Reihe v.l.n.r.: Doris Faulhaber, Grete Gillet, Waltraud Sattler, Gudrun Glitscher, Barbara EIteneier

mittlere Reihe v.l.n.r.: Hilde Bitz, Ruth Pfisterer, Gertrud Barth (zu der Zeit Oberin im Diakonissenhaus

Bethlehem in Karlsruhe) –

teilweise verdeckt u. a. Hannelis Schulte, Hildegard Casack, Liselotte Emlein.

(Nur eine der Genannten lebte 2020 noch.)

 

 

 

(1942)

 

Vikarinnen hatten einen besonderen Talar zu

tragen, bis 1959 ohne Beffchen.

 

 

 

 

- eine Vikarin - heute selbstverständlich mit

(uniertem) Beffchen.

 

 

 

Inzwischen gibt es Theologinnen längst auch in leitenden Ämtern der Kirche. deren Bezeichnungen und Funktionen von Landeskirche zu Landeskirche variieren (in der Evangelischen Landeskirche in Baden: (Schul-)Dekanin in einem der 24 Kir-chenbezirke; Prälatin in einem von zwei regionalen Teilen der Landeskirche, hier Nordbaden und Südbaden, dort als Vertre-terin des Landesbischofs; Kirchenrätin, Oberkirchenrätin in überregionalen Funktionen der Kirchenleitung; Kirchenrat/rätin auch als nur verliehener Titel. Prälat / Prälatin, Oberkirchenrat / Oberkirchenrätin, (Landes-) Bischof / Bischöfin mit Brustkreuz).

 

 

 

 

H e u t e

eher leger gekleidet:

 

 

 

 

Fünf Vikarinnen und ein Vikar 60 Jahre später: 2020, kurz vor der Ordination, nach zwei Jahren Lehrvikariat, vor sich noch eineinhalb Jahre Probedienst als Pfarrvikarin in einer Gemeinde, zum Teil schon verheiratet und Mütter von Kleinkindern

 

 

 

 

 

 

Foto: ekiba/ Cornelia Weber

 

Während früher Vikare*innen ein Jahr lang das Predigerseminar „Petersstift“ in Heidelberg besuchten, gibt es heute das aufgeglie-derte Kurssystem, um Ausbildung und oft schon vorhandenes Familienleben miteinander verbinden zu können – Und aus dem Petersstift wurde das Evangelische Studienseminar im Theologischen Studien-( und Tagungs-)haus, mit dem weiblichen Namen Morata-Haus (alle Ansprechpersonen dort weiblich).

Allen, die heute diesen schönen, schweren Beruf ergreifen, ob Mann, ob Frau, von Herzen Dank.

(Das Meiste verdankt der Autor gedruckten Erinnerungen von Hilde Bitz.)

 

 

 

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© Gerhard Schwinge