Teil I:
 

Vorgeschichte I: 1555, 1556, 1563 / 1771/ 1803, 1806

 

 

Schon bald nach der Reformation gab es im deutschen Sprachraum zwei evangelische Konfessionskirchen, die lutherische und die reformierte. Als Beginn der lutherischen Reformation gilt Martin Luthers (1483‒1546) Anschlag von 95 Thesen gegen den Ablass an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg 1517 und dem Augsburger Bekenntnis von 1530. Als Beginn der reformierten Reformation gelten das Wirken des Schweizers Ulrich Zwingli (1484‒1531) in Zürich bis zu seinem Tod 1531 (Zürcher Bibelübersetzung von 1529 und 1531) und das Werk des Genfer französischen Theologen Johannes Calvin (1509‒1564) „Institutio christianae religionis“ (Lehre der christlichen Religion) von 1536. Die reformierte Kirche ist heute weitgehend mit dem Calvinismus gleichzusetzen. Mit dem Mar-burger Religionsgespräch von 1529, auf dem Luther und Zwingli sich im Abendmahlsverständnis nicht einigen konnten, begann die Spaltung der reformatorischen Bewegung.

 

Die Geschichte der beiden protestantischen Konfessionen ist verwirrend vielfältig und in Deutschland bis heute nach Territorien unterschiedlich. Seit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 galt: cuius regio, eius religio, das heißt: der Regent bestimmte für sein Herrschaftsgebiet die Konfessionszugehörigkeit, also zum Luthertum oder zur katholischen Kirche. Auch für das Gebiet des ehemaligen Großherzogtums Baden (1806‒1919) und damit der heutigen Evangelische Landeskirche in Baden gilt, dass die Kon-

fessionen, die „Bekenntnisse“, vielfach gewechselt haben. (Auf der Homepage der Landeskirche www.ekiba.de findet sich eine ausführliche tabellarische Kirchengeschichte Badens.)

 

1535 wurde die Markgrafschaft Baden in die später lutherische Markgrafschaft Baden-Pforzheim bzw. Baden-Durlach und die katholische Markgrafschaft Baden-Baden geteilt. Erst 1771 wurden die beiden Markgrafschaften bei bestehenbleibendem Konfes-sionsstand durch Erbfolge wieder zu einer Markgrafschaft Baden vereinigt. ‒ 1556 wurde in der Kurpfalz durch Kurfürst Ottheinrich das lutherische Bekenntnis eingeführt; ebenfalls 1556 das lutherische Bekenntnis in der Markgrafschaft Baden-Durlach durch Markgraf Karl II. In der Kurpfalz jedoch, auch wenn es noch einmal eine kurze Rückkehr zum Luthertum gab, vollzog sich 1563 durch Kurfürst Friedrich III. mit dem Heidelberger Katechismus der Übergang zum Calvinismus, welcher bestimmend blieb, bei tolerierten Minderheiten katholischer und lutherischer Untertanen.

Baden in der heutigen Ausdehnung, im deutschen Südwesten vom Neckar im Norden, den Oberrhein entlang bis zum Bodensee im Süden, entstand durch Gebietserweiterungen unter Napoleon zu Beginn des 19. Jahrhunderts: 1803 kam durch den Reichsdeputationshauptschluss vor allem die rechtsrheinische Kurpfalz zu Baden, welches dadurch Kurfürstentum wurde. Nach weiteren Gebiets-gewinnen (die letzten noch 1810) wurde Baden 1806 dann, „von Napoleons Gnaden“, zum Großher-zogtum erhoben und damit einer der deutschen Mittelstaaten, die bis 1918 Bestand hatten, seit 1870/71 als Teilstaaten des Deutschen Reichs.

 

Besonders die Vereinigung der lutherischen Kirche in der Markgrafschaft Baden mit der Kirche der reformierten Kurpfalz 1803 brachte kirchenpolitische Konsequenzen, zumal das Kurfürstentum bzw. dann das Großher-zogtum Baden weiterhin von einem lutherischen Fürstenhaus regiert wurde.

Druckversion | Sitemap
© Gerhard Schwinge