Wusstest du schon...

 

dass die kirchliche Trauung einer Homoehe in der evangelischen Kirche
höchst umstritten ist?

 

 

Soll die kirchliche Trauung eines gleichgeschlechtlichen Paars in eingetragener Lebenspartnerschaft (so die Formulierung seit 2001, seit 2017 abgelöst durch ein Ehe-Gesetz) möglich sein? Das ist seit Jahren und erneut gegenwärtig eine der umstrittensten Fragen in der evangelischen Kirche.

Schwule Paare treten häufiger in der Öffentlichkeit auf als lesbische. Entsprechend richten diese häufiger an Pfarrer die Bitte um eine Trauung – eine Bitte, die beim Pfarrer eine Gewissensentscheidung auslöst. Im Beitrag über homophile Pfarrer auf dieser Website wurde das schon angedeutet.

Dabei ergibt sich sogleich die Frage: nur eine Segnung durch Handauflegung und Gebet oder die Ermöglichung einer Trauung nach der Agende wie bei heterosexuellen Paaren, dann mit offiziellem pfarramtlichen Eintrag im Kirchenbuch, dem Trauregister.

Diese Frage: kirchliche Trauung gleichgeschlechtlicher Paare mit eingetragener Lebenspartnerschaft ja oder nein? wird in den 20 lutherischen oder reformierten oder unierten Landeskirchen der Evangelischen in Deutschland noch verschieden beantwortet; die Landeskirchen mit Bejahung der Trauung befinden sich jedoch nicht mehr in der Minderzahl. Zuständig für die Entscheidung darüber ist im Allgemeinen die jeweilige Landessynode, für die Durchführung des Beschlusses dann die Landeskirchenleitung, meist also ein Oberkirchenrat.

Die badische Landessynode fasste im April 2016 mit großer Mehrheit, nämlich mit 75%, bei 13 = knapp 20% Nein-Stimmen einen solchen Beschluss der Ermöglichung eines öffentlichen Traugottesdienstes, der als Amtshandlung im Kirchenbuch eingetragen wird. Im Beschluss wird „die Gleichwertigkeit von verschiedengeschlechtlicher und gleichgeschlechtlicher Liebe, Sexualität und Partnerschaft anerkannt, die verantwortlich vor Gott gelebt werden“. Das Gespräch über bestehende theologische Differenzen solle aber fortgeführt werden. Pfarrer und Pfarrerinnen werden dabei nicht unter Gewissenszwang gestellt: „Lehnt die für die Trauung zuständige Person die Durchführung des Traugottesdienstes für ein Paar in eingetragener Lebenspartnerschaft ab, beauftragt die Dekanin oder der Dekan eine andere Person mit dem Gottesdienst.“

Dennoch sprach sich die Christusbewegung Baden (cbb, Schriesheim) gegen den Beschluss der Landessynode aus. Der Evange-lische Gemeinschaftsverband AB gab dazu eine förmliche Erklärung ab, in der er die Entscheidung sehr bedauert, er könne sie nicht unterstützen und mittragen. Dem schlossen sich weitere Verbände und Werke an. Eine gleichlautende Erklärung gab der Liebenzeller Gemeinschaftsverband ab.

Auf der Herbstsynode 2020 erörterten die Synodalen am 21.Oktober, in welcher Weise der Beschluss von 2016 in die Lebensordnung „Ehe und kirchliche Trauung“ der Landeskirche aufzunehmen sei. Dabei war erneut der Gewissensschutz der Pfarrer und Pfarrerin-nen ein umstrittener Punkt. Die beschlossene Kompromisslösung sieht vor: Sieht sich die für die Trauung zuständige Person aus persönlichen Gründen nicht in der Lage, diese durchzuführen, meldet sie das Traubegehren der Dekanin oder dem Dekan. Die Dekanin oder der Dekan beauftragt eine andere Person mit der Trauung oder führt diese selbst durch.

Ein zuständiger Pfarrer darf in einem seelsorgerlichen Gespräch gegenüber dem die kirchliche Trauung begehrenden Homopaar seine Ablehnung nicht mit biblisch-theologischen, sondern nur mit persönlichen Gründen begründen; diese werden allerdings im Zweifelsfalle biblisch-theologischer Art sein.

Die Landessynode Württemberg fasste im März 2019 mit 65 Ja-Stimmen und 23 Nein-Stimmen einen Beschluss, nach dem der jeweilige Gemeindekirchenrat über die Zulässigkeit einer öffentlichen gottes-dienstlichen Segnung gleichgeschlechtlicher Paare in der betreffenden Gemeinde entscheiden soll. Der Oberkirchenrat gab dazu eine „Handreichung“ für die Kirchenältesten heraus.

Das Netzwerk für Bibel und Bekenntnis in Württemberg veröffentlichte daraufhin 2020 eine alternative Handreichung für Kirchengemeinderäte: Was Gott nicht segnet, kann die Kirche nicht segnen.  Darin wird nicht nur auf zahlreiche Bibelstellen Bezug genommen, sondern auch aus mehreren Veröffentlichungen namentlich genannter Theologieprofessoren (oder zumindest promovierter Theologen) zitiert, um die Reputation der Handreichung zu erhöhen. Zumindest teilweise wird dabei die Homosexualität selbst, nicht nur deren Praktizierung als schöpfungswidrig infrage gestellt.

Auch Katholiken meldeten sich jetzt in dieser Sache zu Wort. In der Tageszeitung Badische Neueste Nachrichten fand sich am 17. Oktober 2020 auf der zweiten Seite ein größerer Artikel, in dem von der Forderung nach der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare die Rede ist. Weil die Ehe für die katholische Kirche jedoch ein Sakrament ist, eins von sieben Sakramenten, kann es hier nur um Segnung, nicht um eine kirchliche Trauung gehen.

Schon seit 1977 gibt es eine Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche / HuK als eingetragener Verein mit Sitz in Nürnberg.

 

 

 

 

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© Gerhard Schwinge