Teil III:
Auf dem Weg zur Union: 1803, 1806, 1807, 1817 ‒ 1820
1803 – Nachdem durch den Reichsdeputationshauptschluss Ende Februar 1803 die rechtsrheinische Kurpfalz an Baden gefallen und aus der Markgrafschaft ein Kurfürstentum geworden war, waren Staat und Kirche neu zu organisieren. Es wurden 13 Organisationsedikte erlassen, welche der höchste badische Staatsbeamte, der zugleich Direktor des lutherischen Kirchenrats war, der Jurist Johann Nikolaus Friedrich Brauer (1754‒1813) verfasst hatte. Schon im ersten der Organisations-edikte wurde die Auflösung des Konsistoriums der lutherischen Minderheit in Heidelberg und seine Integration in den lutherischen Kirchenrat der Markgrafschaft in Karlsruhe angeordnet. Gleichzeitig ging Brauer in seiner Schrift von 1803: Gedanken über einen Kirchenverein beider protestantischen Religionspartheien noch einen Schritt weiter. – Mit der Kurpfalz kam auch die über 400 Jahre alte Universität Heidelberg zu Baden; schon 1803 wurde ihre Neuorganisation begonnen. Sie hatte seit der Reformation eine evangelisch-theologische Fakultät, die nun konfessions-paritätisch mit Profes-soren zu besetzen war. Ebenfalls war 1803 durch Gebietsgewinne in Südbaden die fast 350 Jahre alte Freiburger Universität badisch geworden; sie hatte von Anfang an eine katholisch-theologische Fakultät. Während zur Markgrafschaft Baden zuvor keine Universität gehört hatte, waren es jetzt zwei renommierte Universitäten.
1806 folgten, nachdem Baden Großherzogtum geworden war, sechs Konstitutionsedikte Brauers, deren erstes sich wiederum mit der kirchlichen Staatsverfassung befasste. Inzwischen hatte sich Badens Territorium von vergrößert von vor der Vereinigung der beiden Markgraf-schaften, der lutherischen Markgrafschaft Baden-Durlach und der katholischen Markgrafschaft Baden-Baden im Jahr 1771 von 3 900 auf 14 000 Quadratkilometer und die Einwohnerzahl von 165 000 auf über 900 000.
1807 wurden der lutherische Kirchenrat in Karlsruhe und der reformierte Kirchenrat in Heidel-berg zu einem Oberkirchenrat vereinigt – eine erste Union, allerdings nur eine Verwaltungs-union. Aus dem Oberkirchenrat wurde 1809 das Kirchendepartment im Ministerium des Innern, 1813 umbenannt in Evangelische Kirchensektion.
1817/1818 – Das Reformationsjubiläum 1817 gab der Unionsbewegung, in anderen deutschen Ländern noch entschiedener als in Baden, dort zuvorderst in den nordbadischen Städten, einen neuen Schwung. Im Dezember 1817 veröffentlichten Mannheimer Bürger einen Aufruf für eine Union, mit einer im Frühjahr 1818 nachgeschobenen langen Unterschriften-liste und einem Begleitschreiben ihrer Pfarrer an die Kirchensektion. Ähnliches geschah durch die Kirchengemeinde Schönau bei Heidelberg und in Heidelberg selbst.
Die konstitutionelle badische Verfassung von 1818, die erste dieser Art in Deutschland, betonte erneut die Glaubens- und Gewissens-freiheit und schuf neu die Ämter von Repräsentanten der beiden großen Kirchen, der evangelischen wie der katholischen, als Mitglieder der Ersten Kammer der Ständeversammlung. Für alle Evangelischen wurde Kirchenrat Hebel zum Prälaten ernannt, als der erste Inhaber dieses Amtes, ohne Berücksichtigung der ja zu der Zeit noch bestehenden zwei innerprotestantischen Konfessionen.
1819/1820 fanden Pfarrkonferenzen in Karlsruhe und Sinsheim und mehrere Provinzialsynoden statt mit der Forderung nach einer echten, einer kirchlich-theologischen, einer Konsensusunion. Vereinzelt gab es allerdings auch Gegenbewegungen von reformierter Seite. Dennoch herrschte längst allgemein ein überkonfessionelles Bewusstsein, zumal Laien kaum ein Verständnis für dogmatische Differenzen hatten.