Speyer

 

 

 

Speyer.

 

Von Speyer gibt es kein Heft in der Reihe

„Orte der Reformation“. Doch ist die Stadt

für die Reformationsgeschichte von be-sonderer Bedeutung gewesen. Die fol-gende Darstellung orientiert sich an dem Kapitel über Speyer von Klaus Bümlein in dem Sammelband „Europa reformata“, 2016 (vgl. die Buchbesprechung auf diesen Webseiten), dort S. 375-384.

 

Nach ersten Spuren in den 1520er Jahren wurde die Reformation in Speyer relativ spät, nämlich erst 1540 eingeführt. Deshalb beging man im Jahr 1990 das Jubiläum „450 Jahre Reformation in Speyer“ (mit dem Katalog zur gleichnamigen  Ausstellung, so Haupt- und Untertitel der Aufsatzsammlung, Speyer 1990, 306 S., zahlr. Abb.). Zwei Kirchen in Speyer erinnern bis heute in unübersehbarer Weise an die Reformation: 1717, 200 Jahre nach Luthers Thesenanschlag, wurde die Dreifaltigkeitskirche eingeweiht, als Zeugnis einer nun dominant lutherischen Stadt nach dem Ende des Dreißigjährigen Kriegsund den Auseinan-dersetzungen des Konfessionen. In der Zeit des Historismus wurde dann sogar eine eige-ne, prächtige „Gedächtniskirche der Reformation“ mit einem umfangreichen Bildprogramm in Skulptur und Glasmalerei errichtet und 1904 als die größte protestantische Kirche der Stadt eingeweiht (auf der Abbildung oben die Spitze ihres Kirchturms). Die Vorhalle der Kirche ist bewusst als Gedenkstätte für den Reichstag von 1529 gestaltet, dem Reichstag der Protestation, nach welchem den Evangelischen die Bezeichnung Protestanten zugelegt worden ist.

(Speyer ist ja nach wie vor Sitz eines katholischen Bistums, mit dem altehrwürdigen Speyerer Dom als sichtbarem Zeichen; der so genannte Kaiserdom ist die weltweit größte erhaltene romanische Kirche und Weltkulturerbe.)

Die Speyrer Reichstage von 1526 und von 1529.

„Als Stadt der Reformation wurde Speyer zunächst bedeutsam nicht durch bekannte Reformatorengestalten und eigene reformatorische Ordnungen, sondern als Versamm-lungsort zweier wichtiger Reichstage in den zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts.

Die Reichsversammlung in Speyer 1526 führte die gewachsene Kraft der Sympathisanten Luthers vor Augen. Philipp von Hessen ließ den Prediger Adam Krafft in seiner Herberge in evangelischem Sinn die Heilige Schrift auslegen. Mit der sächsischen Delegation kamen Georg Spalatin und Johann Agricola. „V.D.M.I.æ.“(= Verbum Dei Manet In æternum) galt als Erkennungszeichen der evangelisch Gesinnten. Der Reichstagsabschied vermied die Verurteilung der lutherischen Lehre. Jeder Stand solle sich so halten und vernehmen lassen, wie er das gegen Gott und kaiserliche Majestät und das Reich getraue zu verantworten. Daraus leiteten die evangelischen Fürsten und Reichsstädte das Recht ab, ihre Territorien in reformatorischem Sinn zu gestalten.

Erst recht prägte sich der Reichstag von 1529 als reformationsgeschichtliches Ereignis ein. Kaiser Karl V. konnte wie 1526 nicht persönlich nach Speyer kommen. Die Vorlage, die sein Bruder, Herzog Ferdinand, einbringen ließ, verlangte die entschiedene Durchführung des Wormser Edikts von 1521. Eine Minderheit widerstand der Forderung, die Ausbreitung der lutherischen Lehre zu unterdrücken. Sie protestierten dagegen, den einstimmig beschlos-senen Abschied von 1526 nun durch einen Mehrheitsbeschluss aufzuheben. Sie hielten daran fest, das allein gottes wort und das h.[eilige] evangelion alts und neus testaments in den biblischen buchern verfast lauter und rein gepredigt werde und nichts, das dawider ist. Sie opponierten gegen einen Beschluss, der wider gott, sein h.[eilig] wort, unser aller selen heil und gut gewissen gerichtet sei (Erweiterte Protestation vom 20. April 1529).

An dieser Protestation beteiligten sich Kurfürst Johann von Sachsen, Markgraf Georg von Brandenburg, Herzog Ernst von Braunschweig-Lüneburg, Landgraf Philipp von Hessen und Fürst Wolfgang zu Anhalt. Vierzehn Reichsstädte schlossen sich an: Augsburg, Heilbronn, Isny, Kempten, Konstanz, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Nürnberg, St. Gallen, Straß-burg, Ulm, Weißenburg in Franken und Windsheim. Eine Gedenktafel im Bereich der ehe-maligen Ratsgebäude erinnert an den Reichstag von 1529, an die Protestation, mit der auch die Bezeichnung Protestanten verknüpft blieb. Der Speyerer Rat gehörte damals nicht zu den Protestierenden, so wenig wie der Kurfürst Ludwig V. von der Pfalz oder Herzog Ludwig II. von Pfalz-Zweibrücken. Die Berufung auf das Evangelium und das eigene Gewissen verhinderten auch nicht, dass sich die Protestierenden dem harten Reichsgesetz gegen die Täufer anschlossen, das in Speyer beschlossen wurde.“                                                                                                        Klaus Bümlein, S. 376-378

G.S.

 

Der Prediger tritt hinter seiner Botschaft zurück, seine nach

oben weisende Hand verbirgt

sein Gesicht.

 

G.S. als Pastor auf der Kanzel der

St.-Florians-Kirche aus dem

13. Jahrhundert in Sillenstede (Nordoldenburg), ca. 1965

Der Vortragende hat seine Zuhörer im Blick

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© Gerhard Schwinge