Luthers Heidelberger Disputation 1518

 

II. Die Thesen

 

(Datumsangabe nach dem Julianischen, nicht nach dem Gregorianischen Kalender)

Quellentext der Thesen nach:

Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe, 1. Bd., Weimar 1883 = Weimarer Ausgabe / WA, S. 353‒355

 

Am 25./26. April 1518 saß Martin Luther in der Heidelberger Universität einer Disputation über eigene Thesen (Conclusiones) vor, welche schriftlich vorlagen, selbstverständlich lateinisch, und welche sein Wittenberger Ordensbruder Leonhard Beier zu verteidigen hatte.

In 40 Thesen, 28 theologischen und 12 philosophischen, legte Luther seine reformatorische Theologie dar, zu-gleich damit seine Kritik am damaligen Wissenschaftssystem der Theologie: bibeltheologische Frömmigkeit statt neoscholastische Lehre. Luther ent-wickelt seine Theologie im Anschluss an Paulus, besonders an dessen Briefen
an die Römer und an die Galater, und
an den Schriften des Kirchenvaters Augustin.

Es ist die Botschaft vom Heil Gottes im gekreuzigten Christus und darin die Rechtfertigung des Sünders allein aus Gnade. Dabei beruft sich Luther insbesondere auf die Kreuzestheologie des Paulus: Das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden, uns aber, die wir selig werden, ist es eine Gotteskraft. (1. Kor. 1,18)

„Gleich in der ersten These [...] sprach Luther einen Satz aus, der Anstoß erregen musste: Das Gesetz Gottes, die allerheilsamste Lehre des Lebens, kann den Menschen nicht zur Gerechtigkeit bringen, sondern steht dem vielmehr entgegen. Und weiter in der zweiten und dritten These: Viel weniger können es die Werke des Menschen [...]. Die Werke der Menschen sehen zwar immer schön aus und scheinen gut zu sein, es ist jedoch beweisbar, dass sie Todsünden sind. Natürlich wusste Luther, dass eine solche Rede moralisch gesehen Unsinn ist. Ihm ging es aber darum, in aller Schärfe deutlich zu machen, dass theologisch gesehen Werke nur dann gut sind, wenn sie aus Glauben geschehen. Glauben bedeutete für Luther, sich auf die Barmherzigkeit Gottes angewiesen zu wissen und auf ihn, nicht auf sich selbst zu vertrauen. Die Dramatik und Tragik der Sünde ist, dass der Mensch unaufhörlich auf sich selbst fixiert ist und sich an die Stelle Gottes setzt. Das Eigentliche der Sünde, die am Leben hindert, ist der Hochmut, und das Gegenteil davon ist der Glaube, der demütig auf Gott vertraut.“ (Christoph Strohm, in: Europa reformata, 2016, S. 167f.)

Auf eine oft benutzte Formel gebracht, lautet die Botschaft der Reformation: theologia crucis versus theologia gloriae. Luther selbst stellt in These 21 den Theologus crucis dem Theologus gloriae gegenüber; in These 24 stellt er die Theologie des Kreuzes über die Weisheit und das Gesetz.

 

Fortsetzung: III. Die Nachwirkung

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© Gerhard Schwinge