Buchbesprechungen

 

 

 

 

 

 

 

 

„… ein wohl und innig vereintes Ganzes“?

 

 

200 Jahre badischer Protestantismus 1821‒2021.

 

 

 

 

Hans-Georg Ulrichs, Joachim Weinhardt (Hrsg.),

Ubstadt-Weiher, Heidelberg u.a.: verlag regional-kultur 2021, 296 S., kart., 24,80 Euro

 

 

Das Buch dokumentiert die 16 Beiträge einer Vorlesungsreihe, die im Wintersemester 2020/2021 an der Pädagogi-schen Hochschule Karlsruhe gehalten wurde. Herausgeber sind der Beauftragte der Landeskirche für das Unions-jubiläum 2021 und der Professor für Theologie und Religionspädagogik an der PH. Der Titel ist ein Zitat aus der Unionsurkunde § 1, mit hier hinzugesetztem Fragezeichen, was im ersten Beitrag andeutungsweise begründet wird. Die Holztafel von 1821 auf dem schön gestalteten Einband befindet sich in der Sakristei der Peterskirche Weinheim und erinnert mit Psalm 133, Vers 1 an den Vollzug der Union in den Gemeinden am 28. Oktober 1821.

Der Sammelband lenkt den Blick, wie auch andere Buchveröffentlichungen zum Unionsjubiläum, auf eine Vielzahl von Themen der badischen Kirchengeschichte der letzten 200 Jahre: Staat und Kirche, Heidelberger Vermittlungs-theologie, der liberale Heidelberger Theologe für Neues Testament Martin Dibelius (dieser mehr biographische Beitrag fällt eigentlich aus dem Rahmen heraus), Predigt und Predigtlehre, Kirchenbau (nur in diesem Beitrag finden sich sw. Abbildungen). Diakonie, Religions- und Konfirmandenunterricht, Theologinnen im 20. Jahrhundert, Mission und Ökumene, katholisch-evangelische Ökumene (der Verfasser ist kath. Theologieprofessor in Freiburg), Reichs-gründung, Politik und Kirche, die Zukunft der Landeskirche (Verfasser ist der Landesbischof). Ein “Autor:innenver-zeichnis“ (13 Autoren, 3 Autorinnen) und ein Namensregister schließen den Band. Alle Beiträge sind für die Ver-öffentlichung überarbeitete und vielfach mit Fußnoten versehene Vorträge. Gleichwohl sind sie formal sehr unter-schiedlich, von durch viele Untergliederungen strukturiert (über die Theologinnen) bis hin zu keinerlei Gliederung (zur Reichsgründung). – Sicher ist die Anzahl der Aspekte gemäß dem Haupttitel nicht vollständig, zum Beispiel fehlen die Kirchenmusik, die Erweckungsbewegung, die Kirchenparteien, die Zeit des Nationalsozialismus. Auch deshalb ist es falsch, wenn von den Herausgebern das Ganze „ein bislang nicht vorhandener Überblick über die zurückliegen-den 200 Jahre badischer Protestantismus“ genannt wird.

Aus dem einleitenden, 20 Seiten langen „Überblick“-Aufsatz des Karlsruher Profanhistorikers Rolf-Ulrich Kunze, auf den die Herausgeber besonders hinweisen, teilweise, so auf den einleitenden Seiten, komplex formuliert, sei zustim-mend zitiert: „Die Union von 1821 war eine Konsensus-, keine Bekenntnisunion“ (meint: nur eine Kompromissunion). Die Union „erzeugte und verkörperte einen konfliktträchtigen Schwebezustand mit konfessionalistischen und unionis-tischen Fraktionen, der bis kurz nach dem Kirchenkampf in der NS-Zeit prägend blieb“ [und in der Nachkriegszeit?]. „Der konfessionelle Streit blieb gleichwohl erhalten.“ (Dieser anspruchsvolle, nicht als Vortrag gehaltene Beitrag passt angesichts der Zielgruppen von Vorlesungsreihe und Sammelband eigentlich nicht in den Zusammenhang.)

Welches ist die Zielgruppe der Vorlesungsreihe gewesen und nun der Buchveröffentlichung? Doch wohl nicht nur die Theologie/Religionspädagogik-Studierenden, sondern auch die speziell interessierte breite Öffentlichkeit.

In Heidelberg gab es im Sommersemester 2021 eine neunteilige Ringvorlesung der Theologischen Fakultät anlässlich des Unionsjubiläums unter dem Gesamttitel: Streitkultur und Einheitsbestrebungen. Sie soll im Jahrbuch 2021 des Vereins für Kirchengeschichte veröffentlicht werden. 

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© Gerhard Schwinge