Marburg

 

 

 

 

 

 

 

 

Marburg.

Orte der Reformation, Journal 9.

 

Hrsg. von Volker Knöppel, Burkhard zur Nieden und Wolf-Friedrich Schäufele.

Text- und Bildredaktion: Albert de Lange.

Evang. Verlagsanstalt Leipzig 2013, 64 S. 4°

ISBN 978-3-374-03232-7 – 9,90 €

 

Mit Marburg verbindet sich reformationsgeschichtlich zunächst das Marburger Religions-gespräch von 1529, der Reformationsförderer Landgraf Philipp von Hessen und die Gründung der ersten evangelischen Universität 1527.

 

Das vorliegende Heft hat vergleichsweise wenig, nämlich nur 64 Seiten (jedoch mit Beiträgen von elf verschiedenen Autor/inn/en!). Vier Seiten nehmen das Vorwort, das Inhaltsverzeichnis und die Impressumsseite ein, eine Seite enthält Verlagswerbung (für Bach-Literatur!, die vierte Umschlagseite bewirbt dagegen Luther-Bücher des Verlags).    22 Seiten bringen ganzseitige Bebilderungen, davon sechs doppelseitige Abbildungen (bei denen oft der Falz die Wiedergabe beeinträchtigt), von diesen sind nur 5 (bzw. 4) Seiten dem Thema Reformation zuzuordnen (eine Doppelseite zeigt dagegen unsinnigerweise das Maieinsingen -Mai-Einsingen- auf dem Marburger Marktplatz!). So bleiben 37 Seiten für die Texte, die fast immer zudem mit kleineren Abbildungen anschaulich gemacht sind. Interessant ist dabei die Verteilung der Textseiten auf die verschiedenen Inhalte. Von den für die Journalserie üblichen Rubriken: Marburg entdecken, Stadtführung und Gotteshäuser der Stadt abgesehen, ist immerhin noch die Hälfte der Seiten dem Hauptthema „Reformation in Wort und Bild“ gewidmet.

 

Das Wirken des jungen Landgrafen Philipp von Hessen (1504-1567) war entscheidend für die Reformation in Marburg und in Hessen. Als Siebzehnjähriger nahm er am Wormser Reichstag teil und begegnete dort Luther zum ersten Mal. Bald danach gab es in seiner Grafschaft die ersten Anfänge einer evangelischen Bewegung; öffentlich wandte sich Philipp 1524 der evangelischen Lehre zu und wurde fortan auch ein eifriger Leser des Neuen Testaments und später der ganzen Bibel. Seit einem Landtag, in Wahrheit einer Art Synode 1526 in Homberg wurden nach kursächsischem Vorbild die ersten reformatori-schen Maßnahmen durchgeführt. Die Gründung der Marburger Universität 1527 und das Marburger Religionsgespräch 1529 waren sodann ebenfalls Philipps Initiative zu verdanken.

 

Die Marburger Universität war 1527 die erste evangelische Universitätsgründung der Welt. Sie diente der reformatorisch-humanistischen Ausbildung des evangelischen Pfarrer- und Beamtennachwuchses.

 

Das Marburger Religionsgespräch Anfang Oktober 1529 (nach dem Speyerer Protesta-tions-Reichstag ein halbes Jahr vorher) vereinte zum ersten und zum letzten Mal alle wichtigen Wortführer der lutherischen und der schweizerisch-reformierten Reformation, an ihrer Spitze die fast gleichaltrigen Luther und Zwingli. Das prachtvolle, insgesamt 30 Personen zeigende Historiengemälde von 1867 (nicht 1869, wie angegeben) auf Seite 8/9 – wo befindet es sich? auf dem Schloss? – wird leider fast unkommentiert abgebildet; außer den beiden Hauptpersonen sind nur Landgraf Philipp und Melanchthon zu erkennen. Hauptgegenstand des Gesprächs war das Verständnis des Abendmahls: Luther, der die leibliche Gegenwart Christi in Brot und Wein verteidigte (Realpräsenz), und Zwingli, der bei der symbolischen Gegenwart Christi in den Elementen verharrte (Spiritualpräsenz), konnten sich nicht einigen. In allen anderen 15 Punkten gab es Übereinstimmung; sie wurden als „Marburger Artikel“ protokolliert und von allen zehn anwesenden Theologen unterschrieben (Abb. S. 46).

 

Eröffnet wird der Abschnitt „Reformation in Wort und Bild“ unverständlicherweise mit einem vierseitigen Beitrag über Elisabeth von Thüringen, die als Landgrafen-Witwe vom hessi-schen Schloss aus Armen und Kranken diente, weshalb sie als Heilige neben den etwa gleichaltrigen Franziskus von Assisi gestellt wird, und die mit der Stiftung eines Hospitals die Stadt entstehen ließ; bekannt für Marburg ist freilich die 1240 eingeweihte große goti-sche Elisabethkirche. – Je zwei Seiten werden eingeräumt: dem schon erwähnten Homber-ger Landtag 1526, der sog. Ziegenhainer Zuchtordnung von 1539 (einer Kirchenordnung zur Verständigung mit den Täufern und zur Einführung der Konfirmation als Ergänzung der Kindertaufe) und der „zweiten Reformation“ in Hessen zu Beginn des 17. Jahrhunderts, die calvinistische Anliegen durchsetzten wollte. – Auf der seltsamen Doppelseite „Schönes und Gelehrtes“ mit sechs Reminiszenzen wird u. a. auf die Romantik in Marburg hingewiesen (sozusagen in Konkurrenz zur bekannteren Heidelberger Romantik), und mit einem Zitat aus dem 19. Jahrhundert wird zugunsten Marburgs die Göttinger Universität schlecht gemacht.

 

Das Heft ist zumindest auch ein reich und schön bebildertes PR-Produkt für die Stadt an der Lahn.

                                                                                                                              G.S.

Der Prediger tritt hinter seiner Botschaft zurück, seine nach

oben weisende Hand verbirgt

sein Gesicht.

 

G.S. als Pastor auf der Kanzel der

St.-Florians-Kirche aus dem

13. Jahrhundert in Sillenstede (Nordoldenburg), ca. 1965

Der Vortragende hat seine Zuhörer im Blick

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© Gerhard Schwinge