Ernst Troeltsch (1865‒1923)
Heidelberger Professor für Systematische Theologie und Philosophie
mit religionsgeschichtlicher und kulturwissenschaftlicher Prägung,
parlamentarischer Politiker in Baden und in Preußen
Aus Augsburg stammend, lehrte Troeltsch von 1894 bis 1915 in Heidelberg Theologie und Philosophie, anschließend in Berlin.
Von Anfang an arbeitete Troeltsch an der Überwindung der dogmatisch-kirchlichen durch die historische Methode und damit an einem religionsgeschichtlichen Verständnis des Christentums. Eine Absolutheit des Christentums kann es nicht geben. Unter dem Einfluss des Heidelberger Sozialphilosophen Max Weber, mit dem er 1910‒1915 in einer Haus- und Arbeitsgemeinschaft lebte, wandelte sich Troeltsch dann vom liberalen systematischen Theologen zum Religionsphilosophen.
Werke (Auswahl der wichtigsten Erstausgaben; es gibt mehrere Werkeausgaben; Kritische Gesamtausgabe, hrsg. von Friedrich Wilhelm Graf u.a.,1998 ff.): Die Absolutheit des Christentums und die Religionsgeschichte, 1902, Neudruck 1979 – Die Bedeutung des Protestantismus für die Entstehung der modernen Welt, 1911 ‒ Die Sozialehren der christlichen Kirchen und Gruppen, 1912.
Literatur: biographische Artikel, neuester in: Deutsche Biographische Enzyklopädie der Theologie und der Kirchen / DBETh, Bd, 2, 2005, S. 1342‒1344 (Hartmut Ruddies) / umfangreichster in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon / BBKL, Bd. XII, 1997, Sp. 497‒562 (Klaus-Gunther Wesseling) / tabellar. Dateninformation in: Heidelberger Gelehrtenlexikon1803‒1932, 1986, S.271f. (Dagmar Drüll) – Troeltsch-Studien, hrsg. von Horst Renz u. F. W. Graf,12 Bde. 1982‒2005; Neue Troeltsch-Studien, hrsg. von F. W. Graf u.a.2005 ff.
1895, 1905 und 1910 hielt Troeltsch Vorträge im Wissenschaftlichen Predigerverein Badens,1909 war er Mitbegründer der Volks-kirchlichen Vereinigung in Baden, 1914 Mitglied der Generalsynode; seit 1898/99 wiederholt Dekan der Theologischen Fakultät Heidelberg, seit 1909 Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, 1909‒1914 Abgeordneter der 1. Badischen Kammer.
Obwohl Troeltsch über zwei Jahrzehnte lang in Heidelberg lebte und wirkte, die längste Zeit seines kurzen Lebens, ist er, zumal in Baden, lange wenig beachtet worden. Seine Bedeutung wurde eher in seiner Berliner Zeit und durch seine Berliner Tätigkeit anerkannt. So wurden auch seine Werke früher als in Deutschland in Übersetzungen im europäischen Ausland und in den USA publiziert und beachtet.