Friedrich Mayer (1864 ‒ 1936)
Oberkirchenrat und deutsch-nationaler Landespolitiker
Friedrich Mayer war von 1907 bis 1924 Oberkirchenrat in Karlsruhe und von 1919 bis 1929 als Mitgründer der Deutsch-nationalen Volkspartei (DNVP) deren Abgeordneter im badischen Landtag und
zugleich Fraktionsvorsitzen-der und auch Landesparteivorsitzender seiner Partei, nach 1921 außerdem Vorsitzender des Geschäftsordnungs-ausschusses des Landtags. Seine konservativ-nationalen
Bestrebungen reichten bis ins Jahr 1905 zurück. In der Person Mayers fielen in einzigartiger Weise ein bis 1924 kirchenleitendes Amt und ein politisches, sogar ein heraus-gehobenes politisches Mandat
zusammen.
Zu Mayer vgl. Gerhard Schwinge in: Protestantismus und Politik. Zum polit. Handeln evang. Männer und Frauen für Baden zwischen 1819 und 1933. Eine Ausstellung der Bad. Landesbibliothek in Zus.arb.
mit der Evang. Landeskirche in Baden / Landeskirchliche Bibliothek, dem Generallandes-archiv Karlsruhe u. dem Stadtarchiv Karlsruhe, aus Anlaß des Kirchenjubiläums 1996: 175 Jahre Evang. Landeskirche
in baden. Aufsatz- und Katalogband. Karlsruhe 1996, S. 231‒245 – Stefan Ph. Wolf in: Badi. Biographien NF, Bd. 4.1996, S. 205 f. ‒ Marc Zirlewagen in:
BBKL XXIV (2005), Sp. 1077‒1079
Als Mitglied des Oberkirchenrats hatte Mayer sich zu politischen Fragen öffentlich nicht zu äußern. Als
Landtagsab-geordneter dagegen zeichneten ihn zahlreiche, bisweilen weitschweifi-ge Redebeiträge aus, zu ganz alltäglichen, aber auch zu grundsätzlichen Themen. So gab Mayer bereits in der ersten
Sitzung der badischen Nationalversam-mlung, dem Vorgänger des Landtags, am 15. Januar 1919, wenige Wochen nach Kriegsende und Staatsumwälzung, im Namen der DNVP eine programmatische Erklärung ab, in
der er die Wahrung der Einheit und Würde des Deut-schen Reiches einforderte. Vier Monate später appellierte er angesichts der Friedensbedingungen der Siegermächte an die nationale und völkische Ehre.
1921 erneut in den Landtag gewählt, nahm er im Juli 1922 Stellung zum Ver-sailler Vertrag, zur Kriegsschuld-frage und zum Flaggenstreit.
Aufgrund der neuen badischen Kirchenverfassung von 1919 kam es 1923/24 zu einem Konflikt um die Kirchenlei-tung. Die demokratisch-parlamentarisch gestärkte Landessynode forderte unter anderem den gesamten Oberkir-chenrat zum Rücktritt auf. Als Einziger protestierte Mayer dagegen, woraufhin er mit 60 Jahren zwangsweise in den Ruhestand versetzt wurde, unter Beibehaltung des Titels Oberkirchenrat.
Als Landtagsabgeordneter wurde Mayer 1925 wiedergewählt, nicht mehr jedoch bei der Wahl zur nächsten vierjäh-rigen Legislaturperiode 1929, weil inzwischen die Nationalsozialisten die Oberhand gewonnen hatten. Jedoch zog er sich erst nach der Auflösung der DNVP durch das NS-Regime 1933 mit 70 Jahren völlig aus der Politik zurück. Inzwischen hatten sich in der Landeskirche die kirchenpolitischen Kräfteverhältnisse grundlegend verändert: Seit 1926 (und bis 1933) gab es die Religiösen Sozialisten auf der linken Seite und seit 1932 auf der rechten Seite die evangelischen Nationalsozialisten, die sogenannten Deutschen Christen. Die Religiösen Sozialisten hatten zudem im April 1931 Mayer als deutschnationalen Agitator persönlich angegriffen. Gleichwohl wurden ihm nach seinem Tode am 26. April 1936 in der allgemeinen wie in der kirchlichen Presse mehrere ehrende Nachrufe gewidmet.